Spätherbst in Dänemark: Kurze Tage, lange Nächte

Spätherbst in DänemarkKurze Tage - lange Nächte

Ein Surf-Trip nach Dänemark im Spätherbst hat entschleunigende Wirkung - auch bei 40 Knoten und Riesenwellen. Frithjof Blaasch erklärt uns warum.

von Frithjof Blaasch
Eigentlich sollte es noch mal in wärmere Gefilde gehen, ehe sich der Winter wie eine Decke über Europa legt und diese sich vermutlich, zum Lüften, erst wieder im April anhebt. Letztlich entschied aber eine gute Wind- und Wellenvorhersage in Dänemark darüber, diese erst einmal mitzunehmen. Danach könnte man ja theoretisch immer noch woanders hinfahren, schließlich hatten wir alle mehr oder weniger zwei Wochen Zeit. Ich überquerte voller Vorfreude an einem Montagnachmittag die gut bewachte Grenze Richtung Dänemark. Nach einem kurzen Telefonat mit zwei Freunden, die bereits vor Ort waren und von einer epischen Wellenreit-Session am vorherigen Samstag berichteten, steuerte ich Hvide Sande an, um mich mit ihnen zu treffen. Auf die Aussage, dass ich gegen 20:30 Uhr da wäre, erwiderten sie, wenn wir dann schon schlafen, kannst du uns ruhig wecken. Schlafen, um halb neun?
Spätherbst in Dänemark: Kurze Tage, lange Nächte
Spätherbst in Dänemark: Kurze Tage, lange Nächte
Spätherbst in Dänemark: Kurze Tage, lange Nächte

Nach noch nicht allzu langer Zeit im Auto verschwand auch schon die Sonne hinter dem Horizont und ließ den Himmel minütlich, gefühlt, das ganze Farbspektrum durchlaufen, ehe es komplett dunkel wurde. Bei einem Blick auf die Uhr fiel mir auf, dass es gerade mal 17:30 Uhr war. Mist, Zeitumstellung! Das hatte ich irgendwie ganz verdrängt, jetzt machte auch die frühe Bettgehzeit der Anderen Sinn. Ich erinnerte mich an die letzten Winter in Dänemark zurück, in denen wir krampfhaft versuchten uns bis 21 Uhr wach zu halten, um nicht mitten in der Nacht aufzuwachen und darauf zu warten, dass es endlich hell werden würde. Innerlich freute ich mich bereits darauf nach dem Surfen lange im Bett des Busses zu liegen und morgens mal fit und vor allem freiwillig früh aufzustehen.

Es ist erstaunlich, wie schnell sich der Körper an den neuen Tagesrhythmus gewöhnt. Bereits am nächsten Tag schlüpfte ich müde um 20:30 Uhr in den Schlafsack und wachte ausgeruht um 6:30 Uhr auf. Da es noch dunkel war, blieb genug Zeit um erstmal ganz entspannt einen Kaffee zu kochen und die von dem Kocher ausgehende Wärme zu genießen. Nachdem der Kaffee mich nun innerlich etwas aufgetaut hatte, traute ich mich die Schiebetür zu öffnen. Ich rechnete mit einem kalten Windstoß aber es passierte nichts, lediglich mein Atem war durch einen Dunst in der Luft zu erkennen. Es hatte den ersten Frost gegeben und so hieß es vor der Abfahrt zum Spot erstmal Scheibenkratzen, von außen und von innen.
Spätherbst in Dänemark: Kurze Tage, lange Nächte
Spätherbst in Dänemark: Kurze Tage, lange Nächte
Spätherbst in Dänemark: Kurze Tage, lange Nächte
Die Tage vergingen wie im Flug und es gesellten sich immer mal neue Gesichter hinzu. Die Idee, noch mal woanders hinzufahren, hatten sich längst alle aus dem Kopf geschlagen, denn die Wettervorhersage änderte sich eh im Stundentakt. Wenn man morgens ins Wasser sprang und die Session bis zu den letzten Kraftreserven ausnutze, mit dem Hintergedanken, dass für den darauf folgenden Tag keine guten Bedingungen vorausgesagt waren, wartete bereits jemand am Strand und sagte beiläufig: morgen sieht jetzt auch schon wieder gut aus.

So hatten wir einige „glassy“ Surftage und eine ca. 2-Stündige, 40knoten Session in Hanstholm, die gefühlt aus dem Nichts kam und genauso schnell wieder verschwand. Manchmal war es aufgrund der kurzen Lichtphase von ca. 8 Stunden am Tag schon fast etwas stressig den richtigen Spot anzusteuern, um noch zwei Sessions haben zu können. Wenn das Licht dann endgültig verschwand, wurde jede kleinste Aktivität, z.B. Lebensmittel einkaufen, möglichst in die Länge gezogen, um die Zeit rumzukriegen, so dass man bloß nicht vor 20 Uhr ins Bett ging. Diese Art die Tage zu verbringen wirkt sehr entschleunigend. Nicht nur, weil man sich bei den einfachsten Dingen sehr viel Zeit lässt, sondern weil Zeit eigentlich relativ ist - man orientiert sich nach einer gewissen Eingewöhnungsphase mehr am Sonnenstand als an der Uhr - ein echt zeitloses Vergnügen, das ich sehr empfehlen kann.

Wo ihr am besten im Bus übernachten könnt erfahrt ihr in dem folgendem Artikel: Camping-Möglichkeiten in der Region Thy

Fotos: Steffi Wahl, Dominick Roeckl, Frithjof Blaasch (www.bulgenslag.de)

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