Wie findet man den Mega-Sturm: Storm Chase Chef-Meteorologe im Interview

Wie findet man den Mega-Sturm?Storm Chase Chef-Meteorologe im Interview

von Julia Lauber
Wie genau sind Vorhersagen? Und wie kommt es, dass auf drei verschiedenen Websites oft drei verschiedene Vorhersagen zu finden sind?
Jedes der oben erwähnten Vorhersagemodelle versucht möglichst viele der physikalischen Abläufe in der Atmosphäre genau zu berechnen. Will man es exakt machen, müssten allerdings viele nichtlineare Gleichungen gelöst werden. Das erfordert sehr, sehr viel Rechenzeit, mehr als wir gewillt sind, auf das Ergebnis zu warten. Daher bedient man sich öfters Vereinfachungen in der Berechnung. Dadurch sind die Modelle schneller, aber auch ungenauer. Jedes Modell verwendet dabei unterschiedliche Algorithmen und Parametrisierungen zur Vereinfachung. Dadurch kommen bei jedem Vorhersagemodell unterschiedliche Ergebnisse heraus. So gibt es bei drei verschiedenen automatisierten Vorhersagen drei verschiedene Ergebnisse.

Manche Vorhersagen prophezeien einen guten Sturm in zehn Tagen. Wie weit im Voraus kann man überhaupt eine akkurate Prognose abgeben?
Bevor ich diese Frage beantworten kann, müssen wir erstmal akkurat definieren (lacht). Mit akkurat ist ja eigentlich sehr genau gemeint, also eine 100-prozentige Trefferquote. Hier sage ich immer, diese Genauigkeit gibt es nicht und wird es auch nie geben. Wenn man gewisse Toleranzen zulässt die bei jedem anders aussehen dann lassen sich gute, verwertbar zuverlässige Vorhersagen je nach Wetterlage, Vorhersagegebiet und Wetterparameter auf drei bis fünf Tage sehr wohl erzielen.
Wie findet man den Mega-Sturm: Storm Chase Chef-Meteorologe im Interview
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Gibt es windsurfspezifische Besonderheiten beim Forecasting?
Es kommt darauf an, die komplizierten Bedingungen an einer Grenzfläche genau zu bestimmen. Diese Grenzfläche heißt Strand und ist der Übergang von Wasser zu Land, bei dem das Land mit seinen enormen Reibungseffekten gerade bezüglich Wind und Welle zu starken Veränderungen führt.

Was bedeuten die unterschiedlichen Forecast Modelle, zum Beispiel GFS, NWW3 oder NAM, und welches ist für Windsurfer das beste?
Das sind jeweils unterschiedliche Vorhersagemodelle. Bezeichnenderweise alles amerikanische Modelle wohl weil diese Daten von den Amerikanern kostenlos ins Netz gestellt werden. Bei den drei Genannten muss man wie folgt unterscheiden: GFS und NAM sind Atmosphärenmodelle, NWW3 ist ein Ozeanmodell. Dabei ist GFS das globale Modell, denn es wird zum Antrieb der anderen beiden Modelle verwendet. Allerdings ist GFS nicht das Beste. Verdient hätte es vielleicht die Schulnoten 2 bis 3, denn es gibt immer wieder massive Ausreißer wie vor ein paar Jahren der Superhurrikan Sandy, den das GFS in eine ganz andere Richtung gerechnet hat, als er tatsächlich zog. Durch diese Ausreißer drückt GFS als Antrieb leider die Qualität von NAM und auch vom grundsätzlich guten NWW3. Deutlich bessere Modelle sind die englischen UKMO und ECMWF. Bei allen Modellen bleibt schließlich noch die Frage, wie gut sie zeitlich und räumlich auflösen und wie der Zugriff auf die Ergebnisse der Modelle ist. Wenn es nur die Briefmarkenkarten oder etliche Meteogramme im Netz sind, dann ist der Erkenntnisgewinn als Nutzer nur mäßig.
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Natürlich darf er nicht fehlen der Wink zu Trump. Was entgegnest du seinem Statement, der Klimawandel sei erfundene Panikmache?
Donald Trump hat sich in der allergrößten Mehrheit seiner Aussagen nachweislich als Lügner hervorgetan. So auch bei dieser Behauptung. Sie deckt sich mit der Aussage von sogenannten Thinktanks, Denkfabriken, die von den Republikanern und Großunternehmen wie Shell finanziert werden und die Aufgabe haben, solche Aussagen und damit Unsicherheiten zu streuen. Diese Denkfabriken in den USA erhalten jährlich 900 Millionen Dollar für diese Arbeit. Sie ignorieren dabei komplett, dass über 98 Prozent aller in dieser Thematik forschenden, hochrangigen Wissenschaftler sagen, dass es ein Global Warming gibt (Anm. der Red.: Ein lesenswerter Artikel hierzu von Anita Blasberg und Kerstin Kohlenberg: "Gekaufte Wahrheit", Reportagen 15, online unter http://reportagen.com/content/gekaufte-wahrheit-0).

Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf die globalen Windsysteme? Welche Regionen müssen wir Windsurfer künftig auf dem Plan haben?
Der Klimawandel wirkt sich auf alles aus, was auf diesem Planeten Erde passiert, nicht nur atmosphärisch und ozeanographisch, sondern auch auf sämtliche sozio-ökonomischen Bereiche. Es lässt sich jedoch nicht sagen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die großräumigen Windsysteme haben wird. Die Berechnungen der Klimamodelle sehen diese Änderungen nur im tiefen einstelligen Prozentbereich, aber diese Zahlen haben so gut wie keine Aussagen, da es sich um Mittelwerte über zeitlich große Bereiche wie zum Beispiel von Juni, Juli und August zusammen und um räumlich große Gebiete handelt. Was wohl als ziemlich sicher angenommen werden kann, ist, dass das Wetter in Zukunft ähnlich der vergangenen Jahre extremer wird. Es schlägt also in beide Richtungen aus. Wo und wann genau das passieren wird, ist nicht zu sagen, aber wir können wohl davon ausgehen, dass es häufiger sehr intensive kleinräumige Wetterentwicklungen geben wird.

Text: Julia Lauber
Fotos: Red Bull Contentpool, Privat

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