Aber einfach wurde es uns im weiteren Verlauf nicht gemacht. Selten kamen wir am Start richtig gut raus. Die Konkurrenz war wesentlich größer, als nur die Coldobellas und Stadler/Liese. Der Schweizer Olympia-Surfer Richard Staufacher mit seinem Partner, sowie Michael und Nikolas Götzke und natürlich der deutsche Tandem-Papst Alex Maucher mit seinem Partner Dirk Hoekzema und einige weitere Teams machten die erste Hälfte des Rennens immer zu einem engen Kampf um die Platzierungen. In der zweiten Hälfte der Rennen entzerrte sich das Feld meistens etwas. Die Coldobella-Brüder und auch Stadler/Liese waren schon viele Male auf dem Silser See unterwegs und konnten den See und den Maloja-Wind definitiv am besten einschätzen und nutzen. Philipp und ich hatten richtig Mühe vorne dabei zu bleiben. In einigen Wettfahrten konnten wir uns nur durch hohe Risikobereitschaft verbessern. So nutzten wir jede Lücke zwischen Halsentonne und Konkurrenz in voller Gleitfahrt aus, um mit einer engeren Halse vorbei zu ziehen. Jede etwas stärkere Böe fuhren wir bewusst aus, ohne die Segel flach zu trimmen. Immer Vollgas und keine taktischen Fehler, das war unser Plan.

Schlussendlich surften wir am Samstag sechs Rennen mit Böen bis zu 25 Knoten und zwei Rennen am Sonntag bei weniger Wind bis zu 15 Knoten. Wir gewannen unerwartet fünf Wettfahrten, die Coldobellas drei. Somit hatten wir die fast schon historische Siegesserie von Toni Stadler und Christoph Liese durchbrochen, ohne dass Philipp und ich eine einzige Trainingsfahrt absolvierten. Unser Aufwand, zur Regatta zu reisen, das Risiko und die Leistung auf dem Wasser wurden also nicht nur mit unglaublich viel Spaß, sondern auch noch mit dem Gesamtsieg belohnt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Tandem-Racing eine ganz besondere Art des Windsurfens ist, die in keinem Fall ein Mono-Surfboard ersetzen kann, aber eine grandiose Erweiterung des Surfsports ist. Trotz der Größe des Materials ist das Surfen sehr komfortabel und schnell. Das Steuern und Wenden ist nach den ersten 10 Minuten auf dem Brett eingespielt. Wenden gehen dank zweier Segel fast auf den Punkt, Halsen brauchen einen geringeren Radius, als anzunehmen ist. Bei mehr Wind sind Gleitfahrten kinderleicht zu erreichen. Als Topspeed konnten wir fast 30 Knoten auf Raumwindkurs messen!

Das Kreuzen ist unvergleichlich. Einen höheren Winkel zum Wind schafft kein anderes Windsurfboard. Die Geschwindigkeit ist hierbei ebenfalls schneller, als man erwartet. Das große Schwert produziert einen immensen Lift, sodass das Board weit aufkentert und der Vorschoter über dem Wasser schwebt.

Mein persönliches Fazit ist, dass diese Regattaform von mir und vielen anderen unterschätzt wurde. Eingebettet in eine solch hervorragende Veranstaltung, wie der Regatta am Silser See, würde ich jedes andere Event ausfallen lassen, um dort teilnehmen zu können. Teamspirit und der sportliche Aspekt in grandioser Kulisse und mit bestem Wind sind die aussagekräftigsten Argumente, um am Silser See an den Start zu gehen. Jede andere Tandemregatta eignet sich, abgesehen vom Bergpanorama des Silser Sees, ebenfalls, um diese einzigartige Form des Windsurfens erleben zu können. Man muss kein Profi sein, um mitzumachen. Bei leichtem und mittlerem Wind ist Tandemsurfen kinderleicht zu erlernen und ein riesiger Spaß für jedes Team auf dem Zweimaster.

Text: Fabian Grundmann
Fotos: Firi Coldobella
Infos: www.tandemsurfing.de