Défiwind - die ultimative Herausforderung

Andy Laufer berichtet von dem verrücktesten Windsurfrennen der WeltDéfiwind - die ultimative Herausforderung

von Andy Laufer
Ich kämpfe auf dem Weg zur Tonne noch mit meinem richtigen Trimm. Die Trapeztampen sind doch zu weit hinten, ich muss kurz anhalten und sie um ca. 1 cm vorschieben. Nach 5 Kilometer habe ich schon solche Schmerzen im Rücken, dass ich kurz vor dem Aufgeben bin. Immer wieder verdrehe ich meinen Oberkörper um den ständigen Druck etwas zu lockern. Der Wind frischt, wie von Frank-Yves schon angekündigt, weiter auf. Die ersten Böen über 55 Knoten preschen auf uns ein, Flugwasserwände mit Flugsand gemischt bohrt sich mit 110 km/h in unsere Augen. Was ein Schauspiel! Halt die Nase des Boards unten, lass ja keine Luft unters Brett kommen, rede ich mir immer und immer wieder ein. Einen kurzen Moment nicht aufgepasst, schon rutscht der vordere Fuß aus der Schlaufe und mein Material verabschiedet sich im hohen Bogen Richtung Lee. Krass, man kommt sich so klein und mickrig vor. Ruhig bleiben, Kraft sparen! Die erste Halsentonne vor Port-la-Nouvelle liegt etwa 200m vom Strand entfernt. Ich erreiche sie als ca. 50. Aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten ist eine gestandene Halse nicht mehr möglich, nicht mal mehr für die PWA Jungs. Ich versuche sofort nach Luv Richtung Strand zu kreuzen, Speed -Piste pur für 10 km, 10 Windstärken und Vollgas Raumschots zurück Richtung Startboot, welches als 2. Halsentonne dient. Was ein Feeling, überall Segel und um ihr Leben und eine gute Platzierung kämpfende Racer, die meisten aber schon mit Wavesegel unterwegs. Nach 2 Runden geht es dann endlich ins ersehnte Ziel, ich habe meinen inneren Aufhören-Schweinehund besiegt und werde sogar noch 29ter. Selten habe ich in meiner über 20 jährigen Karriere ein solches Glücksgefühl erlebt und das mit einem Ergebnis, welches unter normalen Umständen bei einer normalen Regatta als Totalversagen zu bewerten wäre. Es kamen ganze 377 Fahrer ins Ziel. Trotzdem beeindruckend, der Wind erreichte Böen mit über 60 Knoten auf dem Kurs, Flugwasser überall!
Défiwind - die ultimative Herausforderung
Défiwind - die ultimative Herausforderung
Défiwind - die ultimative Herausforderung
Zurück am Strand beglückwünschte ich Denis zu seinem hervorragenden 11. Rang. Bei dem Starterfeld ist das absolute Weltklasse. Mir tat alles weh, vor allem der Rücken. Ich fragte Denis, wie er das mache. Er gab mir den wichtigsten und gleichzeitig auch banalsten Tipp des Events: Zieh dein Hüfttrapez so fest an, dass du an Land kaum noch Luft bekommst, das stützt dir den Rücken. Mir rutschte davor immer das Trapez hoch bis zum Kinn, so kann man nicht schnell werden und gesund ist das bestimmt auch nicht. Nun hieß es erholen bis zum nächsten Tag, für den kommenden Nachmittag war noch mehr Wind vorhergesagt.

Am Freitag traf ich Teamkollege und Filmmusik-Komponist Philip Kümpel, der mit seinen Söhnen Manuel (13) und Mario (17) zusammen an den Start ging. Ihnen war es wohl zu viel Wind und sie würden heute nicht aufs Wasser gehen. Nebenbei erwähnte er, dass sein 5.0er Segel wohl schon viel zu groß sei - 5.0! Genau diese Größe fehlte mir. Auf Nachfrage lieh mir Philip kurzerhand sein Segel aus. Der Wind erreichte am Startboot schon bis 50 Knoten, heißt auf der Bahn Orkanstärke. Die Regattaleitung entschied sich für einen verkürzten Lauf, die erste Halsentonne war schon nach ca. 5 Kilometer direkt unter Land gesetzt. So konnte man zumindest einigermaßen für die Sicherheit der Défieure sorgen. Ich befolgte Denis' Tipp und schnallte mir mein Hüfttrapez so fest, dass ich mit hochrotem Kopf aufs Wasser ging. Auf dem Wasser aber ein riesen Vorteil, da nun das Trapez den ganzen Rücken stützte und stabilisierte. Der Wind drehte etwas auf Nord, bzw. auf schräg ablandig von links.
Défiwind - die ultimative Herausforderung
Défiwind - die ultimative Herausforderung
Défiwind - die ultimative Herausforderung
Der erste Schlag zur Tonne ist dieses Mal ein Vollgas Raumschenkel. Der Unterschied zum 5.6er ist immens und ich habe endlich Kontrolle über mein Material. Vor mir sehe ich PWA Vizeweltmeister Julien Quentel mit einem Wave Segel fahren, spätestens jetzt wird mir klar, dass auch die ganz Großen recht viel zu tun haben. Er wird 6. damit!

Kurz vor meinem Zieleinlauf kommt mir der Vorjahressieger und Teamchef Andrea Cucchi von hinten aus Lee gefährlich nahe. Aufgrund meiner fehlenden Fitness fahre ich zu diesem Zeitpunkt mit ca. 80% Halbgas, allerdings auf einem für mich hervorragendem 19. Platz liegend. Ich nehme nochmal dicht, beiße die Zähne zusammen und falle etwas ab und Speed zu machen. Andrea luvt an und reiht sich hinter mir ein. Er zieht aber sehr stark nach Luv, fast wie beim Formula Windsurfen. Als ich wieder nach vorne schaue weiß ich auch warum. Ein Winddreher und schon geht es nur noch darum, die 2 Ziellinien in Luv zu durchqueren. Die erste schaffe ich gerade noch an 19. Stelle zu überqueren, für die 2. und Ergebnis relevante reicht es leider nicht, ich verliere zwischen den 2 Tonnen 7 Plätze und beende das Rennen mit einem akzeptablen 26. Platz.
Nach ca. 3 Stunden wurde das Rennen offiziell für beendet erklärt, alle Fahrer haben am Land Ihre Unterschrift zum Auschecken abgegeben. Diese Maßnahmen sind überaus wichtig, um die Sicherheit des Feldes zu garantieren und sicher zu stellen, dass alle Teilnehmer mehr oder weniger wohlbehalten zum Strand zurückgekehrt sind.

15 Uhr, Skippersmeeting für Lauf 3: Liebe Teilnehmer, wir messen 55-60 Knoten auf der Bahn, Tendenz zunehmend. Wir planen einen nächsten Lauf um 16 Uhr. Wir retten heute nur noch Leben, kein Material mehr. Bitte bleiben Sie am Land, wenn sie sich ihrer Sache nicht sicher sind!

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